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Die Verteilung des Wohlstands
von Sven Kobelt in Die Welt in Zahlen
Wie schon Antoine de Saint-Exupéry in seinem Buch „Der kleine Prinz“ feststellte, schätzen wir erwachsenen Menschen Zahlen über alles. Was sich nicht in Zahlen ausdrücken lässt, ist entweder ungewiss oder unwichtig. Daher möchte ich beginnen, euch in dieser Reihe Zahlen zur aktuellen Situation unseres Planeten zu präsentieren. Starten möchte ich mit Zahlen zur Verteilung des Wohlstands.
In den Industrienationen haben wir Agrarrevolution und Industrialisierung hinter uns gebracht und genießen das bequeme und luxuriöse Leben, das uns der technische aber auch der gesellschaftliche Fortschritt gebracht hat. Kurz um: wir leben im Wohlstand. Aber wie sieht es global aus mit diesem Wohlstand? Profitieren alle Menschen gleichermaßen?
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Die Erde wird derzeit von fast sieben Milliarden Menschen bewohnt. Bei dem momentan rasanten Wachstum werden es im Jahr 2050 wohl um die neun Milliarden sein. Schon allein die Überlegung, dass all diese Menschen Anspruch auf ähnliche Lebensverhältnisse erheben werden, wie wir sie bereits haben, lässt die Frage aufkommen, ob unsere Erde über so große Ressourcen verfügt. Momentan haben wir das Problem relativ einfach gelöst:
20 % aller Menschen verbrauchen 80 % aller Ressourcen.
Dieses offensichtliche Ungleichgewicht ist nicht weniger als das Fundament unseres westlichen Wohlstands. Vor allem die Nutzung fossiler Rohstoffe hat dazu geführt, dass uns die Arbeit im Kampf ums tägliche Überleben, also zum Beispiel der Anbau von Nahrung, erheblich erleichtert werden. Der Zusammenhang wird deutlicher, wenn man sich folgendes vor Augen führt:
EIN Liter Öl produziert ungefähr soviel Energie, wie HUNDERT Paar Hände in 24 Stunden.
Logisch, dass die Menschen, denen kein Öl zur Verfügung steht, also ungefähr DREI Viertel der gesamten Erdbevölkerung, dadurch benachteiligt sind. Von der Hälfte aller Menschen auf der Erde, die nach wie vor selbst Ackerland bewirtschaften um zu überleben, tun dies DREI Viertel mit bloßen Händen oder einfachen Hilfsmitteln.
Oder etwas anschaulicher ausgedrückt: Einer von vier Menschen auf der Erde lebt heute noch so wie vor 6000 Jahren. Das sind mehr Menschen als alle Bewohner der reichen Nationen zusammen!
Es haben also nicht alle vom Fortschritt profitiert. Und mehr noch: die Zahlen machen deutlich, wie sehr Fortschritt und Wohlstand von Energie abhängen. Energie ist essentiell für eine moderne Gesellschaft. Erst durch Energie wird es möglich, dass sich die Menschen noch um andere Dinge kümmern können, als um die Beschaffung der Nahrung, die sie zum überleben brauchen.
So ist es auch nicht weiter überraschend, dass jeder sechste Mensch in ungesunden und unhygienischen Verhältnissen lebt, ohne Zugang zu Trinkwasser, Strom oder sanitären Einrichtungen. Zählen wir mal durch: eins, zwei, drei, vier, fünf… Nur gut, dass ich hier in Deutschland geboren wurde!?
In Zeiten der Globalisierung scheint die Ungerechtigkeit weltweit weiter zu zunehmen, obwohl die Menschen durch Mobilität und moderne Kommunikation eigentlich ständig näher zusammen wachsen. Dieser Effekt wird von der langsam aufkommenden Knappheit fossiler Energieträger, auf denen unsere Lebensweise gegründet ist, weiter verschärft. Aber Globalisierung lässt sich nicht aufhalten. Das ist auch gut so. Die Menschen, die momentan weiter benachteiligt und ausgebeutet werden, könnten auch von der Globalisierung profitieren. Dazu wird es allerhöchste Zeit, dass wir lernen, dass wir nicht allein sind auf der Erde und dass auch andere Menschen an unserem Fortschritt Teil haben sollten. Das wird die Herausforderung dieses Jahrhunderts.
Die fett markierten Zahlen in diesem Text entstammen übrigens dem Film „Home“, über den ich bereits berichtet habe.