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U-235 auf Tauchfahrt
von Sven Kobelt in AtomenergieNun endlich zum eigentlichen Thema dieses Beitrags - vom Kampf der Atom-U-Boote zum Kampf der Atomindustrie - ein Kampf ums Überleben. In der Reihe "Kein Ausstieg aus dem Ausstieg" möchte ich erläutern, warum der Ausstieg aus dieser Technik langfristig der einzig richtige Weg ist und welche Argumente dafür und dagegen sprechen. Um eine gemeinsame Basis für eine solche Diskussion zu haben, folgt nun im ersten Teil eine kurze Einführung in die Technik der heute im Einsatz befindlichen Kernkraftwerke.
Foto: "Nuclear Power" von Koert Michiels (Link)
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Einführung in die Technik von Kernkraftwerken
Beginnen wir also mit dem Kern der Sache... Alles dreht sich um ein winziges Teilchen, ein Atom namens U-235, seines Zeichens leicht spaltbar. "U" steht für Uran, "235" für die Massezahl des Atoms. Der Brennstoff in den Brennstäben des Reaktors eines herkömmlichen Atomkraftwerks besteht zu einem recht geringen Teil (ca. 3 % des Gesamtgewichts) aus diesem U-235, hauptsächlich jedoch aus schwer spaltbarem U-238. Bemerke: in diesem Zusammenhang hat der Begriff „Brennstoff“ nichts mit Feuer bzw. Verbrennung zu tun! Als leicht spaltbar wird ein Atom dann bezeichnet, wenn es durch den Beschuss von langsam fliegenden sog. thermischen Neutronen zerfällt, wobei weitere Neutronen, zwei „leichtere“ Atomkerne und verschiedene Arten von Strahlung frei werden (s. Kernspaltung). In der Regel weisen leicht spaltbare Atome eine kurze Halbwertszeit auf und neben Uran-235 zählt zu ihnen auch Plutonium-239, welches auf Grund seiner Nutzbarkeit für Atomwaffen aber für gewöhnlich nicht für die Energieerzeugung verwendet wird. Ist die Zahl der bei den Spaltungsprozessen im Reaktor entstandenen Neutronen ausreichend groß, so kommt eine Kettenreaktion in Gang. Daher muss der Brennstoff auch eine bestimmte Mindestkonzentration von U-235 enthalten, welche durch Anreicherung des natürlichen Urans, in dem nur ca. 0,7 % U-235 enthalten sind, erreicht wird.
Zwei technische Elemente im Reaktor sind zusätzlich zu den Brennstäben nötig, um diese Kettenreaktionen kontrolliert stattfinden zu lassen: ein Moderator, der die schnellen Neutronen auf die oben genannte langsame Geschwindigkeit abbremst, und sog. Steuerstäbe, die ähnlich der Brennstäbe in den Reaktor eingefahren werden können und mit denen die Geschwindigkeit der Kettenreaktion kontrolliert werden kann, da sie Neutronen absorbieren und so die zur Spaltung verfügbaren Neutronen im Reaktor reduzieren. Wie bereits erwähnt entsteht beim oben erläuterten Zerfallsprozess neben radioaktiver Strahlung vor allem Wärme. Letztere wird erzeugt, wenn die neu entstandenen schnell fliegenden leichten Atomkerne durch Kollision mit anderen Atomen abgebremst werden, wobei sie ihre Bewegungsenergie in Form von Wärme abgeben. Diese Wärme kann und muss nun durch ein geeignetes Kühlmittel abgeführt werden. Da sich Wasser durch seine guten thermophysikalischen Eigenschaften sowohl als Kühlmittel als auch als Moderator eignet, kommt es häufig in Reaktoren zum Einsatz. Die abgeführte Wärme kann nun genutzt werden, um beispielsweise Dampf zu erzeugen, welcher wiederum eine Turbine zur Stromerzeugung antreibt. Übrigens: die markanten Kühltürme, die auch auf dem Foto zu sehen sind, dienen ausschließlich dazu, den Dampf nach den Turbinen wieder zu kondensieren, also in Flüssgikeit umzuwandeln.
Folgerungen
Soweit die Kurzerklärung des Vorgangs, der derzeit im Reaktor aller sich im Einsatz befindlichen Atomkraftwerke dieser Welt Sekunde für Sekunde stattfindet. Es wurde klar, dass sich das Atomkraftwerk in seinem Wirkungsprinzip eigentlich kaum von anderen Kraftwerken unterscheidet. Die Hauptunterschiede sind, dass bei herkömmlichen Kraftwerken die Wärme zu Dampferzeugung durch Verbrennung im eigentlichen Sinne entsteht (z. B. von Kohle oder Gas), während sie im Atomkraftwerk durch unzählige Spaltprozesse im Reaktor abgegeben wird; und dass bei diesen Spaltprozessen radioaktive Strahlung frei wird, die für den Menschen eine unmittelbare Bedrohung darstellt. Offensichtlich ist der Spaltungsprozess endlich - denn wenn die Mehrzahl der ursprünglich vorhandenen U-235 Atome gespalten wurden, sind zwar jede Menge neue, schwer spaltbare Atome entstanden, diese tragen aber nichts mehr zum Fortbestehen der Kettenreaktion bei - man spricht dann von ausgebrannten Brennstäben. Weiterhin wird auch klar, dass Atomenergie in dieser Form keinesfalls als regenerativ bezeichnet werden kann, wie nach wie vor von manchem verbreitet wird. Auch in einer Wiederaufbereitungsanlage kann nur ein Bruchteil der schweren und leichten Atomkerne unter hohem Aufwand und Kosten „recycelt“ werden. Es verhält sich mit dem Uran also genau wie mit Erdöl, Kohle, Gas und allen anderen fossilen Brennstoffen – irgendwann werden die Vorräte erschöpft sein. Bei der heute verwendeten Technik und weiterhin steigender Nachfrage liegt die so genannte Reichweite, also die Zeit bis voraussichtlich alle Uranvorkommen erschöpft sind, bei ungefähr 40 Jahren.