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Taxi – Scharia: Der Kampf der Taliban (Teil 2)
von Sven Kobelt in Nachrichten, Blick ins AuslandEin weiterer Stein im Weg zu Demokratie und Gleichberechtigung in Afghanistan und anderen Ländern ist, dass es starke Interessengruppen gibt, die verhindern wollen, dass sich an der jetzigen Situation in diesen Ländern etwas ändert, da es für sie einen unmittelbaren Verlust ihrer Macht bedeuten würde. Eine der mächtigsten dieser Gruppierungen in Afghanistan ist die radikal-islamische Taliban. Unter Berufung auf den Islam kämpft diese Organisation für die Bewahrung teilweise überholter Traditionen und Gesetze, die oft auch in Europa noch nicht gänzlich abgelegt wurden, beispielsweise die Unterdrückung von Frauen...
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Unterstützt durch Pakistan, Saudi-Arabien und teilweise die USA entstanden die Taliban in den 90ern im Kampf um die Vorherrschaft in Afghanistan nach dem Ende der sowjetischen Besatzung (s. Artikel auf Wikipedia.org). Die Organisation steht für eine fundamentalistisch-islamische Ordnung, die sich von unserem Wertesystem vor allem durch die starke Beschneidung der Frauenrechte und die gesetzliche Verankerung von Gewaltanwendung unterscheidet. Nach den Anschlägen auf das World Trade Center 2001 wurden die Taliban wegen ihrer Nähe zur Terrororganisation Al-Qaida dann ein Teil der Achse des Bösen und der Kampf um die Macht in Afghanistan entbrannte erneut; diesmal gegen amerikanische bzw. internationale Truppen. Laut einem Artikel auf Pressetext.at finanzieren sich die Taliban heute vor allem durch Drogenhandel und Geldgeber aus dem Nahen Osten und der Türkei. Eine weitere wichtige Einnahmequelle ist die Erpressung von Lösegeldern aus Geiselnahmen von Ausländer. Zu den Praktiken der Taliban zählen neben Unterdrückung und Verhetzung der meist ungebildeten Bevölkerung vor allem auch Anschläge, meist auf Ausländer. Ein Beitritt verspricht Männern, die sonst kaum Perspektiven haben, Aussicht auf Macht und Anerkennung. Dies ist wohl einer der Hauptgründe, weshalb die Taliban im armen Afghanistan und nun auch in Pakistan zunehmend an Einfluss gewinnen; ähnlich wie die Urbanisierung und Verarmung in den Metropolen anderer Länder die Bildung krimineller Vereinigungen begünstigt.
Ideologisch stützen die Taliban ihre Handlungen auf eine besonders strenge und radikale Auslegung der Scharia. Die Scharia (s. Definition) bezeichnet eine von Gott gesetzte, vollkommene Ordnung, die grundsätzlich alle Bereiche des Lebens regelt (s. Publikation der Bundeszentrale für politische Bildung). Dabei umfasst sie sowohl Glaubens- als auch Rechtsfragen. Die Scharia wird aus Bestimmungen des Korans, alten Überlieferungen sowie deren Auslegungen durch Theologen abgeleitet und ist im Gegensatz zur Verfassung anderer Länder kein festgeschriebenes Gesetzbuch. Dies lässt Freiraum für unterschiedliche Interpretationen, woraus über die Jahrhunderte verschiedene Rechtsschulen, also Auslegungen der Scharia, entstanden sind. Wie in einem Bericht der ARD-Sendung Weltspiegel zu sehen war, sind zum Beispiel Muslime in Pakistan, wo aufständische Taliban Teile des Landes bereits beherrschen, mit der Einführung einer moderaten Scharia einverstanden. Vor allem deshalb, weil sie ihnen mehr Gerechtigkeit verspricht, als der Staat selbst garantieren kann. Die radikale Form der Scharia, wie sie von den Taliban angestrebt wird, begrüßt hier jedoch niemand. Nur all zu willkürlich könnten sonst Recht und Unrecht festgelegt und mit drakonischen Bestrafungen durchgesetzt werden, so die Befürchtung vieler.
Die Regierung in Pakistan setzt derweil auf Tolerierung des eigentlich nicht Tolerierbaren. So sollen die Taliban für die Einhaltung der Waffenruhe im Gegenzug das Recht auf die Einführung der Scharia erhalten (s. Artikel auf Tagesschau.de), was einem eigenen Rechtsstaat innerhalb des Staates gleich käme. Dies wurde sowohl in Indien als auch in Afghanistan mit großer Sorge beobachtet, da man befürchtet, dass so im Norden Pakistans ein weiteres Rückzugsgebiet der Taliban entstehen könnte. Aber auch die Regierung in Afghanistan geht fragwürdige Kompromisse ein. Wie kürzlich in einem Artikel auf Tagesschau.de berichtet, sieht ein aktueller Gesetzesentwurf der afghanischen Regierung vor, dass Schiitinnen mindestens alle vier Tage mit ihrem Mann schlafen müssen. Durch Zugeständnisse dieser Art versucht sich der afghanische Präsident Karsai die Unterstützung schiitischer Stammesführer zu sichern.
Letzter Teil folgt…